Auf ein Glas Mostello … mit Jürgen Schmücking
Für diese Ausgabe von unserer Serie „Auf ein Glas mit …“ freuen wir uns auf das Interview mit Jürgen Schmücking. Er ist Journalist und Fotograf. Seine Themen sind Wein, Destillate, Bier sowie Käse, Fisch und Fleisch und ihn interessiert, wo und wie diese Lebensmittel hergestellt werden, wie sie schmecken und auf welchen Wegen sie die Gaumen der Konsumenten erreichen. Und natürlich die Geschichte und Geschichten derer, die sie herstellen.
Farthofer: Lieber Jürgen, wenn du auf eine Flasche Mostello schaust, welche Erinnerung kommt dir in den Kopf?
Schmücking: Der Tag, an dem ich Josef kennenlernte. Es war bei den Schnapsverkostertagen in Walzenhausen, in der Schweiz. Ein Haufen Kapazunder aus der Spirituosenwelt. Josef war auch dabei. Beim Abendessen hat er mir von seiner Idee erzählt, einem Birnenmost mit Hilfe eines Destillats die Weitergärung zu verweigern. Die Idee war nicht neu. Und bei dem schweren Los, das Sherry, Port und Co. bei uns damals hatten, konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass diese Idee Zukunft hätte. Nie lag ich so daneben wie da.
Farthofer: Du begleitest unseren Weg seit vielen Jahren als Ideengeber, kritischer Geist, Fotograf und Journalist. Was kann die Spirituosenszene besser als die restliche Getränkebranche?
Schmücking: Sie ist einerseits dem Handwerk verpflichtet und lebt mit (und teilweise von) der Tradition. Andererseits ist sie kreativer als die Werbebranche. Die Werber hören das zwar nicht gerne, ist aber so. Sowohl in der Produktentwicklung, wie auch bei den Botschaften.
Farthofer: Whisky oder Wodka?
Schmücking: Slainthe ;-)
Farthofer: Seit über 20 Jahren machst du dich als Journalist für Bio stark. Bist du mit der Entwicklung unter Produzenten und Konsumenten zufrieden?
Schmücking: Mei. Die Entwicklung an sich ist gut. Zumindest, wenn man sich die Marktanteile ansieht. Es ist aber auch noch viel zu tun.
Farthofer: Was ist in Sachen Bio noch zu tun?
Schmücking: De facto haben Konsumenten immer noch wenig Verständnis dafür, was Bio ist. Das erkennt man, wenn man die Diskussionen rund um das Thema „Regionalität“ verfolgt. Die Bio-Verbände haben gute Arbeit geleistet, um die Begriffe klar zu definieren und zu schützen. Was nicht passiert ist (was wohlbemerkt aber auch nicht so einfach ist), ist dass die Bilder, bzw. die Bildsprache geschützt wurde. Rechtlich ginge das ohnehin nicht. Aber die Verknüpfung hätte viel früher und viel stärker hergestellt werden müssen. Heute werden konventionelle Produkte und Rohstoffe mit Heile-Welt-Bildern vermarktet, und die Konsumenten nehmen wahr: Bio. Wir sehen auf Plakaten Kühe, die in den Sonnenuntergang schauen. Mit Hörnern, dafür ohne Ohrmarken. Das geht soweit an der Realität vorbei, dass es schon fast wehtut. Aber es wirkt. Auf der Produkt-Seite, sprich beim Angebot, ist nicht mehr viel zu tun. Bio-Produkte sind längst im Top-Segement angekommen. Jetzt geht es darum, den Konsumentinnen und Konsumenten ein klares Bild zu vermitteln.
Farthofer: Die Fotografie ist seit vielen Jahren deine große Leidenschaft. Wie hat sich dein Stil in den letzten Jahren verändert?
Schmücking: Die Wirkung ist wichtiger als technische Perfektion. Früher habe ich bei der Ausarbeitung Bilder, die technisch nicht perfekt waren, ausgeschlossen. Wenn die Schärfe nicht genau dort war, wo ich sie ursprünglich haben wollte, fiel das Bild raus. jetzt schaue ich mir zuerst die Wirkung an. Wenn ein Bild emotional berührt, ist es mir nicht so wichtig, ob es auch knackscharf und brillant ist. Manchmal spiele ich sogar bewusst mit Unschärfe oder unkonventionellen Anschnitten. Hätte ich früher nie gemacht.
Farthofer: Du bist gebürtiger Linzer, wohnst in Schwaz in Tirol, pendelst regelmäßig nach Wien und reist beruflich viel ins Ausland. Welchen Gegenstand lässt du regelmäßig liegen?
Schmücking: Den Ehering, die Autoschlüssel, das Handy, das Ladegerät, meine Visitenkarten, das Notebook und (das ärgerlichste von allen) das Buch, das ich gerade lese.
Farthofer: Worin drückst du dich präziser aus? Im Wort oder im Bild?
Schmücking: Bild. Weil es eine Sprache ist, die nicht erst decodiert werden muss.
Farthofer: Wenn ein Drink und ein Gericht deiner Frau, deinen beiden Jungs und dir schmecken soll: Was machst bzw. kochst du?
Schmücking: Ist das ein Witz? Der eine ist 8, der andere 19. Getränkemäßig krieg ich uns 4 nicht unter einen Hut. Am Teller ist der kleinste gemeinsame Nenner Kaiserschmarren. Oder Lasagne. Die Drinks-Palette reicht dagegen von Gin Tonic oder junger, frischer, knackiger Weißwein (für die Liebste), Buttermilch (für den Kleinen), Desperado (das Bier mit dem Tequilageschmack für den Großen) hin zu Natural Wine oder Whisky (für mich).
Farthofer: Vielen Dank für das Gespräch!